Im Fachmagazin GLASWELT hat Joachim Oberrauch, Chef des Südtiroler Fensterherstellers Finstral, in einem ausführlichen Interview über die Bedeutung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Baubranche sowie die Rolle der Fensterindustrie im Green Deal der EU Stellung bezogen. Einen Auszug des komplexen Interviews, das die GLASWELT in ihrer November-Ausgabe präsentiert, gibt es bereits online zu lesen.
Herr Oberrauch, wie stehen Sie als einer der führenden europäischen Fensterhersteller zum Green Deal der EU?
Joachim Oberrauch: Der ist wie ein Geschenk an unsere Branche. Die Welt entwickelt sich gewaltig, aber die Baubranche ist träge. Darum ist der Green Deal ein willkommener und vermutlich auch notwendiger Impuls zur Veränderung. Schließlich sind Fenster ja nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Wir haben in Europa noch immer etwa nur 1 Prozent Sanierungsquote. Ziel der EU ist eine Verdoppelung oder gar Verdreifachung auf 3 Prozent. Das zu erreichen, wird enorme Anstrengungen brauchen: Darum ist alles, was in diese Richtung unternommen wird, zu begrüßen.
Aber Maßnahmen – wie zum Beispiel verbindliche Mindest-Energieklassen für Gebäude – sind ja durchaus kritisch zu sehen, oder?
Oberrauch: Keinesfalls. Bei Autos ist es vollkommen gängig, dass sie nur fahrsicher und emissionsgerecht betrieben werden dürfen. In diesem Sinne ist ein TÜV für Gebäude überfällig. Unsere Branche fordert seit Jahren mehr Modernisierung. Darum sind wir jetzt ganz besonders gefordert aufzuzeigen, wie das gelingen kann.
Angesichts überall steigender Kosten und des Fachkräftemangels ist das gar nicht so leicht. Serielles Sanieren allein wird das ja nicht lösen…
Oberrauch: Serielles Sanieren ist ein sehr guter Ansatz, aber nur für einen kleinen Teil des Renovierungsbedarfs. Zum Glück hat unsere Branche längst praxiserprobte, innovative Austausch-Verfahren im Angebot, die den Aufwand um ein Vielfaches senken. Ich denke da an die minimal-invasiven Über- und Einschubmontage-Methoden, die ohne Schmutz, Lärm, Gerüst oder Auszug der Nutzer auskommen. Und im Neubau ist es der zweistufige Einbau mit Zarge. Damit schaffen wir eine prozesssichere Schnittstelle für Fenster in jedem Gebäude und stellen sicher, dass wir in 30-40 Jahren nicht wieder vor dem Austauschproblem von heute stehen. Ich würde mir wünschen, dass unsere Branche diese Themen viel offensiver verfolgt – noch sind seit Jahrzehnten überholte, aufwendige Montageverfahren an der Tagesordnung.